Psychische Erkrankungen in Betrieben sind auf dem Vormarsch. Die steigenden Belastungen am Arbeitsplatz kommen Betrieben teuer zu stehen. Wie ein Evaluierung psychischer Belastungen betriebliche Prozesse optimiert, war am Mittwoch, 18. April 2012, beim 7. Vernetzungstreffen des AMD Salzburg zu erfahren. Über 70 VertreterInnen aus Salzburger Betrieben nutzen die Gelegenheit sich über das brennende Thema im AMD Salzburg zu informieren und in entspannter Atmosphäre mit anderen Gästen darüber zu diskutieren.
Die gesamtwirtschaftlichen Kosten aufgrund arbeitsbedingter psychischer Belastungen belaufen sich in Österreich auf rund 3,3 Milliarden Euro jährlich. Beschäftigte ohne arbeitsbedingte Belastungen sind nur 0,8 Tage im Jahr krank, 3,3 Ausfallstage sind auf arbeitsbedingte psychische Belastungen zurückzuführen. Der Europäischen Unternehmensumfrage über neue und aufkommende Risiken in Unternehmen (ESENER – European Survey of Enterprises on New and Emerging Risks) zufolge stellt für 49 Prozent der österreichischen Unternehmen Stress das wichtigste Thema dar.
Auf diese Problematik besonderes Augenmerk zu richten verpflichtet UnternehmerInnen in Österreich das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Welche Möglichkeiten und Mittel ihnen dafür zur Verfügung stehen, erfuhren die PartnerInnen und KundInnen des AMD Salzburg im Rahmen des siebenten Vernetzungstreffens am Mittwoch, 18. April 2012. Gastreferentin Dr. Elsbeth Huber, Leiterin der Abteilung Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene im Zentralen Arbeitsinspektorat in Wien erläuterte in ihrem Vortrag zum Thema „Evaluierung psychischer Belastungen“ den Unterschied zwischen Belastungen und Beanspruchungen und erklärte die Bedeutung der Umsetzung von konkreten verhältnisbezogenen Maßnahmen, stets im Kontext zu den gesetzlichen Vorgaben der Evaluierung gem. § 4 in Verbindung mit den §§ 3 und 7 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes.
Von zentraler Bedeutung sei dabei eine umsichtige Planung der Maßnahmen, wie Arbeitsmedizinerin Dr. Elsbeth Huber erklärte: „Wichtig ist, dass die Arbeitgeber bereit sind den Problemen ins Auge zu sehen und sich dazu überlegen, was sie mit den Präventionsmaßnahmen erreichen wollen.“ Ebenso wichtig sei es laut Huber, dass die Betriebe mit einem zielführendem Präventionskonzept zu neuen Antworten im Sinne von Neuerungen finden, um innerbetrieblich Verbesserungen zu erzielen.
Wie hilfreich diese Präventionsmaßnahmen sind, berichteten zahlreiche TeilnehmerInnen beim Erfahrungsaustausch am Vernetzungstreffen. „Infolge einer anlassbezogenen Situation nach einer Reorganisation im Betrieb konnten Maßnahmen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung dazu beitragen, dass psychische Belastungen bei den Mitarbeitenden abgenommen haben“, so Mag. Peter Kainz, Kfm. Geschäftsführer des BFI Salzburg. Für Betriebsrätin Sieglinde Tazol ist die arbeitspsychologische Betreuung in der Caritas Salzburg unerlässlich: „Burn-Out ist im Gesundheitsund Sozialwesen ein Riesenthema. Ein Gesundheitszirkel wurde bereits positiv abgeschlossen und die daraus abgeleiteten Maßnahmen sind von den Mitarbeitenden sehr gut angenommen worden“, berichtete die Betriebsrätin.
Verschiedene Ansätze zur Evaluierung psychischer Belastungen
Viele UnternehmerInnen und Führungskräfte sind ratlos, wie sie psychische Belastungen in Betrieben handhabbar machen und reduzieren können. Entspannungsübungen bieten keine nachhaltige Lösung, die Evaluierung psychischer Belastungen hingegen sehr wohl.
UnternehmerInnen können dabei aus verschiedenen Verfahren das für sie Geeignetste wählen. Entscheidend ist, dass die Dimensionen Fehlbelastungen durch Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten, Fehlbelastungen durch Sozial- und Organisationsklima, Fehlbelastungen durch die Arbeitsumgebung und Fehlbelastungen durch Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation bearbeitet werden. Diese vier Dimensionen ermöglichen eine Zuordnung von aufgetretenen Belastungen und darauf aufbauend eine Maßnahmenentwicklung auf den Dimensionen. So gibt es verschiedene Methoden, die entweder den Betrieb systematisch durchleuchten, das Erlebensmuster der Beschäftigten ans Licht bringen oder psychische Fehlbelastungen analysieren und bewerten. „Wichtig ist, dass mit der Evaluierung im Betrieb die Situation am Arbeitsplatz für die Mitarbeitenden verbessert wird“, erklärt Dr. Ortrud Gräf, Leiterin der Abteilung Arbeitsmedizin im AMD Salzburg.
Die Betriebe profitieren von einer Evaluierung psychischer Belastungen in mehrfacher Hinsicht: „Werden psychischer Belastungen systematisch in den Betrieben erhoben, entsteht eine langfristig ausgelegte Arbeitsplatzevaluierung, welche erstens in den innerbetrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten verankert und zweitens aufgrund der abgeleiteten Maßnahmenempfehlungen kontinuierlich überprüft werden kann“, erklärt Mag. Silvia Huber, Leiterin der Abteilung Arbeitspsychologie im AMD Salzburg. „Die Beschäftigung mit der Evaluierung psychischer Belastungen ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung und wirtschaftlicher Erfolgsfaktor, sondern bietet Unterstützung für und zwischen den Menschen“, so die leitende Arbeitspsychologin.